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FHIR und Health Middleware: Wege zur Echtzeit-Datenintegration im Spital

Wissensdatenbank Technologie Integration & Interoperabilität A.1: Tech-Foundation

Der vorliegende Beitrag knüpft an die Einführung zu HL7 FHIR als Standard für interoperablen Datenaustausch im Gesundheitswesen an und vertieft die technischen und organisatorischen Umsetzungserfahrungen. 

Problembeschreibung, Forschungsfrage und Relevanz

Trotz hoher medizinischer Versorgungsqualität hinkt die Digitalisierung des Gesundheitswesens in vielen Ländern, insbesondere auch in der Schweiz, hinterher (Bundesamt für Gesundheit, 2025).

Ein zentrales Problem liegt in der mangelnden Interoperabilität: IT-Systeme sind proprietär, Datenformate uneinheitlich, und Daten müssen häufig manuell mehrfach eingegeben werden. Auch die Abhängigkeit von veralteten Systemen erschwert die Integration. Im Schweizer Kontext zeigt sich dies exemplarisch am Elektronischen Patientendossier (EPD), das bislang nur in begrenzten Bereichen auf FHIR basiert, etwa beim elektronischen Impfausweis oder dem Medikationsplan (eHealth Suisse, 2025).

Die unzureichende Standardisierung behindert die sektorenübergreifende Kommunikation sowie die Nutzung von Gesundheitsdaten für Forschung, Planung und KI-gestützte Anwendungen. Initiativen wie DigiSanté fordern daher explizit interoperable Plattformen und eine rechtliche Verankerung von Standards wie FHIR (Bundesamt für Gesundheit, 2025). Daraus ergibt sich die Forschungsfrage: Wie lässt sich FHIR technisch und organisatorisch in das Gesundheitswesen integrieren, um semantische Interoperabilität und nachhaltige Digitalisierung zu fördern?

Methoden und Vorgehen im Projekt

Der Beitrag basiert auf Literaturanalysen mehrerer systematischer Reviews zur FHIR-Implementierung (Ayaz et al., 2021; Nan & Xu, 2023; Vorisek et al., 2022) sowie auf Erkenntnissen aus dem Innosuisse-Flagship SHIFT A.1, insbesondere in Zusammenarbeit mit Praxispartnern wie TIE AG. Dort wurde eine Health Middleware (health-engine) eingesetzt, welche HL7v2-Daten in FHIR-Ressourcen transformiert. Die Inhalte des Artikels leiten sich aus wissenschaftlicher Literatur, Erfahrungsberichten, Architekturstudien und Projektimplementierungen im Schweizer Spitalumfeld ab (Pimentel & Russ, 2025).

Ergebnisse und Erkenntnisse

FHIR definiert sogenannte „Resources“ als kleinste logische Austauschobjekte und nutzt Technologien wie RESTful APIs, JSON und XML (Ayaz et al., 2021; HL7 FHIR Foundation, 2025). In der Literatur wird der Implementierungsprozess meist in drei Phasen beschrieben (Nan & Xu, 2023):

  1. Datenstandardisierung: Erstellung spezifischer FHIR-Profile und Mapping von Bestandsdaten (z. B. durch die health-engine® von TIE).
  2. Datenmanagement: Speicherung und Bereitstellung der Daten via FHIR-Schnittstellen.
  3. Datenintegration: Verknüpfung mit Applikationen wie SMART on FHIR oder Data Warehouses.

FHIR bringt gegenüber früheren Standards (HL7v2, CDA) Vorteile wie granulare Zugriffe, Web-Kompatibilität und modulare Erweiterbarkeit (Ayaz et al., 2021). Der FOXS-Stack, bestehend aus FHIR, openEHR, IHE XDS und SNOMED CT, wird als komplementäres Architekturmodell empfohlen, nicht als Konkurrenz (Pedrera-Jiménez et al., 2022).

Herausforderungen:

  • Unzureichende Infrastruktur in vielen Einrichtungen
  • Ressourcenänderungen zwischen FHIR-Versionen
  • Komplexe Transformation aus Legacy-Systemen
  • Rechtsfragen bei E-Consent und Sicherheit bei API-Zugriffen (Nan & Xu, 2023; Vorisek et al., 2022)

Use Cases:

  • In SHIFT A.1 nutzt ein Schweizer Spital FHIR-APIs zur Echtzeitübertragung von Gerätedaten.
  • In Deutschland wird FHIR im Rahmen der ISiK-Initiative umfassend für Labordaten, Medikationspläne und Stammdaten genutzt (gematik GmbH, 2025).

Empfehlungen für die Praxis

  • I
  • Entwicklung einer FHIR-kompatiblen Middleware (z. B. mit der health-engine® von TIE)
  • Nutzung von CH-Core-Profilen zur Standardisierung (eHealth Suisse, 2025)
  • Kombination mit SNOMED CT und LOINC für semantische Interoperabilität
  • Interoperabilitätsstrategie und Governance-Strukturen aufbauen (Pimentel & Russ, 2025)
  • Teilnahme an Interoperabilitätstests (z. B. Digital Health Projectathon)
  • Einsatz für Forschung und KI ermöglichen (Bundesamt für Gesundheit, 2025)

Fazit und Ausblick
FHIR stellt einen zentralen Baustein für die digitale Gesundheitsversorgung dar, sowohl für die Primärversorgung als auch für die Forschung. Die Erfahrungen aus SHIFT A.1 und der Einsatz der health-engine zeigen, dass ein technischer Wandel realisierbar ist, sofern klare Rahmenbedingungen, technische Expertise und koordinierte Strategien vorhanden sind. Mit zunehmender Standardisierung, gesetzlicher Verankerung und Projektförderung wird sich die Nutzung von FHIR auch in der Schweiz verbreitern.

Literatur und andere Quellen

Ayaz, M. et al. (2021). The Fast Health Interoperability Resources (FHIR) Standard. JMIR Med Inform, 9(7), e21929.

Bundesamt für Gesundheit BAG. (2025). DigiSanté: Förderung der digitalen Transformation. https://www.bag.admin.ch/digisante 

eHealth Suisse. (2025). Digital Health Data. https://www.e-health-suisse.ch/ 

gematik GmbH. (2025). ISiK. https://fachportal.gematik.de/informationen-fuer/isik 

HL7 FHIR Foundation. (2025). Welcome to HL7 FHIR. https://fhir.org 

Nan, J., & Xu, L.-Q. (2023). Designing Interoperable Health Care Services Based on FHIR. JMIR Med Inform, 11, e44842.

Pedrera-Jiménez, M. et al. (2022). Aligning Semantic Interoperability with the FOXS Stack. JAMIA Open, 5(2), ooac045.

Pimentel, T., & Russ, C. (2025). FHIR im Gesundheitswesen: Grundlagen, Einsatz und Herausforderungen. SHIFT A.1.

Saripalle, R. et al. (2019). Using HL7 FHIR to achieve interoperability. J Biomed Inform, 94, 103188.

Vorisek, C. N. et al. (2022). FHIR for Interoperability in Health Research. JMIR Med Inform, 10(7), e35724.

 

Zitierung des Beitrags

Pimentel, Tibor & Russ, Christian (2025). FFHIR und Health Middleware: Wege zur Echtzeit-Datenintegration im Spital. Wissensbeitrag A.1 (Nr. 6).