Hospital in Motion: Bewegungsmotivation durch einen digitalen Helfer
Wissensdatenbank Motivation und Zufriedenheit Patientenerwartungen Digitalisierungsdruck B.2: Hospital in Motion - Verhinderung von Komplikationen durch Aktivitäts-Monitoring im SpitalMangelnde Bewegung bei Patient*innen in Spitälern ist bekanntlich ein häufiges Problem – und genau hier setzt eine innovative Lösung an: Ein wearablebasiertes Aktivitätsmonitoring, das die Bewegung der Patient*innen erfasst und sowohl für die HCP als auch für die Patient*innen selbst visualisiert wird.
Problembeschreibung, Forschungsfrage und Relevanz
Knapp eine Million Menschen werden in der Schweiz jährlich einmal hospitalisiert, die Hälfte davon ist über 65 Jahre alt (Bundesamt für Statistik, 2021). 50% der PatientInnen mit 21 und mehr Hospitalisationstagen sind innerhalb von zwei Jahren bis zu viermal hospitalisiert (Bundesamt für Statistik, 2021), dies bei einer mittleren Verweildauer von 5.3 Tagen.
Patient*innen, die sich frühzeitig und ausreichend bewegen, erholen sich schneller und bewahren ihre Selbstständigkeit besser. Darüber hinaus senkt Mobilität das Risiko für poststationäre Probleme wie körperliche Schwäche oder erneute Spitalaufnahmen. Durch frühe Mobilisierung und ausreichend körperlicher Aktivität kann auch das psychische Wohlbefinden gestärkt werden (Matsuoka et al., 2023) (Zhang et al, 2019). Die Motivation sowie die Aktivität können mit zielgerichteten Bewegungsprogrammen gesteigert werden (van Grootel et al, 2023).
Studien belegen, dass mobile Apps einen erheblichen Einfluss auf das Bewegungsverhalten von Patient*innen haben können. Sie tragen dazu bei, die körperliche Aktivität der Nutzer*innen zu steigern. Ein wesentlicher Vorteil von Apps ist die Möglichkeit, personalisierte Ziele und Feedbacks zu geben. Durch detaillierte Rückmeldungen zu den Fortschritten und den täglichen Aktivitäten können Patient*innen ein besseres Verständnis für ihre eigenen Fortschritte entwickeln und ihre Ziele klarer vor Augen haben (Dijk-Huisman et al,2023).
Darüber hinaus ermöglichen Erinnerungsfunktionen in den Apps, dass Patient*innen regelmässig an ihre Bewegungsziele erinnert werden. Diese Erinnerungen fördern die Kontinuität und Disziplin in der Durchführung von Bewegungseinheiten, was zu einer höheren und stabileren körperlichen Aktivität führt. Fortschrittsberichte sind ein weiteres wichtiges Feature, das Patient*innen zur aktiven Teilnahme an der Bewegungserhöhung motiviert. Durch die regelmässige Überprüfung ihrer Fortschritte können Patient*innen sehen, wie sich ihre körperliche Fitness verbessert, was das Selbstvertrauen stärkt, und den Anreiz erhöht, weiterhin aktiv zu bleiben (Silvia et al, 2020).
Methoden und Vorgehen im Projekt
Eine Pilotstudie sowie die aufbauende Validierungsstudie wurde bereits durchgeführt, um das wearablebasierte System zum Aktivitätsmonitoring bei hospitalisierten Patient*innen zu untersuchen. Das System legte ihren Schwerpunkt auf die Festlegung und Erreichung personalisierter Bewegungsziele. Hierbei definieren Gesundheitsfachkräfte spezifische Ziele für die Patient*innen über ein Dashboard. Die Patient*innen können diese Ziele einsehen und ihre Aktivitäten entsprechend tracken.
Die Pilot- und Validierungsstudien haben die Grundlage für die Testung des neuen Systems im Spital geschaffen. Im kommenden Jahr ist eine Interventionsstudie geplant, um die Hypothese zu überprüfen, ob das System zu einer Steigerung der körperlichen Bewegung bei Patient*innen führt. Die Ergebnisse dieser Studie werden dazu beitragen, die Effektivität des Systems unter realen Bedingungen zu bewerten.
Das Design und der Inhalt der Applikation für die Patient*innen sind bereits im Detail geplant. Die Entwicklung wird nächstes Jahr von unserem Partner Leitwert umgesetzt. Anschliessend wird die Applikation im Rahmen einer Studie mit Patient*innen getestet.
Ergebnisse und Erkenntnisse
- Studien belegen, dass Patient*innen, die eine App zur Unterstützung ihrer Genesung verwenden, signifikante Verbesserungen in ihrer körperlichen Aktivität verzeichnen. Eine App kann nicht nur strukturierte Anleitungen bieten, sondern auch individuell abgestimmte Erinnerungen, die die Nutzer*innen dazu ermutigen, sich regelmässig zu bewegen. Diese Kombination aus gezielter Motivation und kontinuierlicher Anleitung trägt dazu bei, dass die Patient*innen ihre täglichen Bewegungsziele leichter erreichen.
- Schnellere Erholung nach ihrer Behandlung: Durch die Unterstützung der App fühlen sich Patient*innen stärker in den Heilungsprozess eingebunden und erleben ein höheres Mass an Selbstwirksamkeit. Eine App hilft ihnen, ihren Fortschritt besser zu verfolgen, was zu einer gesteigerten Zufriedenheit während des Spitals führt. Insgesamt trägt eine App nicht nur zur Verbesserung der körperlichen Aktivität bei, sondern wirkt sich auch positiv auf das allgemeine Wohlbefinden und die Genesung aus.
- Klare Zielsetzungen fördern die langfristige Nutzung und das Engagement der Nutzer*innen. Personalisierte Ziele, ergänzt durch gezielte Erinnerungen und Fortschrittsverfolgung, steigern die Motivation und erhöhen die Wirksamkeit der App, da Nutzer*innen ihren Fortschritt direkt nachvollziehen und an individuelle Bedürfnisse angepasste Meilensteine erreichen können.
Empfehlungen für die Praxis
1. Schulung des Fachpersonals: Sicherstellen, dass das Fachpersonal umfassend in der Nutzung der App geschult ist, damit es die Nutzer*innen optimal unterstützen kann.
2. Interaktive Feedback-Mechanismen und soziale Unterstützung: Das Integrieren von Echtzeit-Feedback und sozialen Interaktionen, um die Nutzer*innen kontinuierlich zu motivieren und ein Gefühl der Gemeinschaft zu fördern.
3. Soziale Elemente: Das Schaffen von Foren oder Gruppenfunktionen, die den Austausch und die gegenseitige Unterstützung ermöglichen, um die Motivation durch gemeinschaftliches Engagement zu stärken.
4. Benutzerfreundlichkeit: Minimieren von technischen Barrieren, um eine einfache und intuitive Nutzung der App zu gewährleisten.
Literatur und andere Quellen
Mani, H., Möri, C., Mattmann, M., Liechti, F., Inauen, J., Aujesky, D., Donzé, J., Aubert, CE. (2020). Barriers and facilitators to mobility of patients hospitalised on an acute medical ward: a systematic review, 1;51(7):afac159. doi: 10.1093/ageing/afac159
Matsuoka, A., Yoshihiro, S., Shida, H., Aikawa, G., Fujinami, Y., Kawamura, Y., Nakanishi, N., Shimizu, M., Watanabe, S., Sugimoto, K., Taito, S., Inoue, S. (2023). Effects of Mobilization within 72 h of ICU Admission in Critically Ill Patients: An Updated Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials. J Clin Med. 12(18):5888. doi: 10.3390/jcm12185888
Dijk-Huisman, H.C.v., Senden, R., Smeets, M.H.H., Marcellis, R.G.J., Magdelijns, F.J.H., Lenssen, A.F. (2023). The Effect of a Smartphone App with an Accelerometer on the Physical Activity Behavior of Hospitalized Patients: A Randomized Controlled Trial. Sensors 2023, 23, 8704. https://doi.org/10.3390/s23218704
Park, L.G., Elnaggar, A., Lee, S.J., Merek, S., Hoffmann, T.J., Von Oppenfeld, J., Ignacio, N., Whooley, M.A. (2021). Mobile Health Intervention Promoting Physical Activity in Adults Post Cardiac Rehabilitation: Pilot Randomized Controlled Trial, 16;5(4):e20468. doi: 10.2196/20468. PMID: 3
Silva, A.G.; Simões, P.; Queirós, A.; P Rocha, N.; Rodrigues, M. Effectiveness of Mobile Applications Running on Smartphones to Promote Physical Activity: A Systematic Review with Meta-Analysis. Int. J. Environ. Res. Public Health 2020, 17, 2251. https://doi.org/10.3390/ijerph17072251
van Grootel J, Bor P, Netjes JA, Veenhof C, Valkenet K. Improving physical activity in hospitalized patients: The preliminary effectiveness of a goal-directed movement intervention. Clin Rehabil. 2023 Nov;37(11):1501-1509. doi: 10.1177/02692155231189607
Zhang L, Hu W, Cai Z, Liu J, Wu J, Deng Y, Yu K, Chen X, Zhu L, Ma J, Qin Y. Early mobilization of critically ill patients in the intensive care unit: A systematic review and meta-analysis. PLoS One. 2019 Oct 3;14(10):e0223185. doi: 10.1371/journal.pone.0223185
Zitierung des Beitrags
Ein Beitrag zu Bewegungsmotivation durch einen digitalen Helfer.