Modellierungsunterstützung in der LCNC-Softwareentwicklung: Hin zu einem nutzerzentrierten Framework für digitale Gesundheit und darüber hinaus
Wissensdatenbank Organisation Strukturen & Prozesse Datenmanagement & Digitalisierung Integration & Interoperabilität Schulung & Digitale Kompetenz C.3: Künstliche Intelligenz-basierte Software-Fabrik für MedTech-AnwendungenLow-Code/No-Code (LCNC)-Werkzeuge ermöglichen es Nicht-Programmierenden – etwa Fachkräften, Innovationsmanager:innen und Patient:innen – Software durch Modellierung zu erstellen.
Problembeschreibung, Forschungsfrage und Relevanz
Low-Code/No-Code (LCNC)-Softwareentwicklung hat sich als leistungsstarker Ansatz etabliert, um die Markteinführungszeit zu verkürzen, indem Software auf Basis von Modellen statt traditionellem Code generiert wird.
In der Praxis bleiben LCNC-Werkzeuge jedoch unterausgeschöpft. Ein wesentlicher Grund dafür ist der Mangel an intelligenter Modellierungsunterstützung – insbesondere in Bereichen wie der digitalen Gesundheit bleiben Nutzer:innen ohne ausreichende Hilfe, um Modellierungskomplexität, Randbedingungen und Anforderungen an Softwarequalität zu bewältigen.
Um besser zu verstehen, wie die Modellierungsunterstützung in LCNC-Werkzeugen verbessert werden kann, führten wir zwei Fokusgruppen mit LCNC-Nutzer:innen durch: eine mit Nicht-Programmierenden, die andere mit professionellen Softwareentwickler:innen. In den Sitzungen gingen wir folgenden Fragen nach:
Welche Herausforderungen erleben LCNC-Nutzer:innen bei der Modellierung?
Welche Funktionen aktueller Modellierungsassistenten werden positiv oder negativ wahrgenommen?
Welche Bedürfnisse bleiben durch aktuelle Assistenten unbefriedigt?
Methoden und Vorgehen im Projekt
Wir führten zwei Fokusgruppen nach der World-Café-Methode durch. Die erste Gruppe bestand aus 11 Ingenieurstudierenden im Grundstudium mit aktueller LCNC-Schulung. Die zweite Gruppe umfasste drei erfahrene Entwickler von Whatscount, einem Schweizer Unternehmen, das LCNC-basierte Anwendungen für den digitalen Gesundheitsbereich entwickelt.
Beide Gruppen diskutierten drei Leitfragen zu Herausforderungen, geschätzten/abgelehnten Funktionen und unbefriedigten Bedürfnissen im Zusammenhang mit Modellierungsassistenten. Die Daten wurden mit der MoSCoW-Methode kategorisiert und priorisiert, um praxisnahe Anforderungen abzuleiten.
Ergebnisse und Erkenntnisse
Zwölf zentrale Herausforderungen wurden identifiziert, darunter Modellkomplexität, Interoperabilität von Tools, Benutzerfreundlichkeit sowie fehlende Unterstützung für weniger erfahrene Nutzer:innen. Zusätzlich äußerten Teilnehmende Bedenken hinsichtlich Laufzeitleistung, Wiederverwendbarkeit und fehlender domänenspezifischer Unterstützung.
Geschätzte Funktionen waren unter anderem Debugging-Hilfen, Fehlermeldungen und grafische Modellierungshilfen. Kritisiert wurden zu technische Benutzeroberflächen und schlechte Dialoggestaltung der Assistenten.
Es wurden zehn unbefriedigte Bedürfnisse identifiziert – sechs davon als "Must-Haves", darunter Undo/Redo-Funktionen, klarere Interaktionen mit Assistenten und bessere Dokumentation.
Diese Erkenntnisse führten zur Ableitung von zwölf nutzerzentrierten Anforderungen und zur Entwicklung eines neuen Frameworks zur Modellierungsunterstützung.
Das entstehende Framework schlägt drei Unterstützungs-Module vor:
A) Unterstützung bei der Datenerhebung: Hilft Nutzer:innen, Modelle aus unstrukturierten Quellen oder bestehenden Modellen zu erstellen – für mehr Geschwindigkeit und Klarheit.
B) Unterstützung bei der Modellverfeinerung: Verbessert Nachverfolgbarkeit, Fehlersuche und Korrekturen.
C) Unterstützung bei der Modellpflege: Fördert Wiederverwendbarkeit und langfristige Konsistenz von Modellen.

Abbildung 1: Nutzerzentriertes Framework für Modellierungsunterstützung in LCNC-Werkzeugen. Quelle: Springer Nature Research Challenges in Information Science [1]
Empfehlungen für die Praxis
Modellierungsunterstützung an Nutzerinteraktionen ausrichten – nicht nur an Automatisierung: Effektive Assistenten vereinfachen komplexe Aufgaben und bieten kontextbezogene, verständliche Unterstützung – besonders für Nicht-Programmierende wie medizinische Fachkräfte und Patient:innen in der digitalen Gesundheitsentwicklung.
Wiederverwendbarkeit und Pflege von Modellen sicherstellen: Assistenten sollten nicht nur bei der Erstellung von Modellen helfen, sondern auch deren langfristige Qualität und Skalierbarkeit fördern – insbesondere in der digitalen Gesundheit, wo nicht-funktionale Anforderungen wie Sicherheit, Zuverlässigkeit und Nachvollziehbarkeit entscheidend sind.
Domänenspezifische Unterstützung einplanen: Modellierungsassistenten sollten sich an die jeweilige Domäne anpassen. In Bereichen wie der digitalen Gesundheit müssen sie Kontexte richtig interpretieren und regelkonforme Hinweise geben.
Literatur und andere Quellen
[1] Mosquera, D., Ruiz, M., Pastor, O., Spielberger, J. (2022). Assisted-Modeling Requirements for Model-Driven Development Tools. In: Guizzardi, R., Ralyté, J., Franch, X. (eds) Research Challenges in Information Science. RCIS 2022. Lecture Notes in Business Information Processing, vol 446. Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-031-05760-1_27